Der Blick hinter die Sterne
Interview mit Jean-Philipp Schneider
Herr Schneider, wie kamen Sie zur Gastronomie und wo nahm der Weg die Abzweigung Richtung Sterneküche?
Alles begann – im wahrsten Sinne – in einem großen Topf: Als Kind saß ich oft in einem mit Decken ausgelegten Schmortopf auf dem Küchenpass meines Vaters, naschte Obst vom Rand und beobachtete fasziniert die Köche.
Als Jugendlicher half ich im Familienbetrieb mit – in der Küche, bei Caterings oder auf dem Weihnachtsmarkt. Die Leidenschaft fürs Kochen entdeckte ich jedoch erst während meiner Lehre bei Ingo Holland, wofür ich bis heute dankbar bin. Unvergesslich blieben mir ein vier Kilo schwerer, im Ganzen gegarter Wildfang-Steinbutt, ein Himbeer-Millefeuille mit Champagnereis und ein geselliger Abend mit Château Cheval Blanc –
Erlebnisse, die mich zum Produktfanatiker machten. Schon immer hat es mich erfüllt, Menschen mit guter Esskultur glücklich zu machen.
Was motiviert Sie, Tag für Tag in der Küche zu stehen? Woher nehmen Sie Ihre Inspiration, und wie gelingt es Ihnen, die Leidenschaft für das Kochen auch nach Jahren nicht zu verlieren?
Ich liebe meinen Beruf. Es fasziniert mich, aus hochwertigen Grundprodukten sowohl einfache als auch komplexe Gerichte zu kreieren, die Gäste begeistern und Wohlgefühl schenken. Die Vielfalt an Produkten und die sich ständig weiterentwickelnden Kochtechniken sorgen dafür, dass der Alltag in der Küche nie langweilig wird. Inspiration schöpfe ich aus über 20 Jahren Erfahrung und aus dem ständigen Blick über den Tellerrand.
Der erste Michelin-Stern – ein Höhepunkt in jeder Kochkarriere. Erinnern Sie sich noch an den Moment, als Sie Ihren ersten Stern erhielten? Was ging Ihnen durch den Kopf?
Das war ein unglaublich erfüllender Moment! Im Gourmet-Restaurant „1622“ in Miltenberg hatten wir lange darauf hingearbeitet. Ich war dankbar, dass die Teamleistung so gewürdigt wurde – wir haben natürlich ausgiebig gefeiert und viele Glückwünsche aus der Branche erhalten. Gleichzeitig war es ein Moment des Stolzes, zu den besten Köchen Deutschlands zu gehören.
Was unterscheidet einen Koch von einem Spitzenkoch? Ist es die Technik, die Kreativität oder vielleicht doch die Liebe zum Detail?
Ein Spitzenkoch vereint fundiertes Fachwissen über Produkte, einen geschulten Gaumen, Kreativität, Leidenschaft und das stetige Streben nach Perfektion. Arbeitsabläufe in einer Spitzenküche müssen unter hohem Zeitdruck perfekt ineinandergreifen – eine Präzision, die große Parallelen zur Automobilwelt aufweist.
In der Sterne-Küche zählt jedes Detail – wie definieren Sie für sich selbst Perfektion auf dem Teller?
Für mich beginnt Perfektion mit dem Geschmack: das Zusammenspiel von Aromen, Würze, Texturen und Temperaturen. Dann folgt die handwerkliche Präzision und Komplexität – Anzahl der Komponenten, Techniken, Ausführung. Erst an dritter Stelle stehen Präsentation und Anrichteweise. Ein optisch perfektes Gericht, das geschmacklich enttäuscht, ist für mich kein Genuss.
Das Jubiläumsmenu & Genusskultur:
Sie haben das Jubiläumsmenu für Kunzmann entwickelt. Was hat Sie bei der Kreation dieses Menüs besonders inspiriert?
Ich habe Gerichte ausgewählt, die ich selbst liebe und an freien Tagen auch für meine Familie koche. Wichtig waren zudem Regionalität und Saisonalität – viele Zutaten stammen in bester Qualität vom Wochenmarkt in Aschaffenburg.
Wenn unsere Leser das Jubiläumsmenu zu Hause nachkochen wollen, was dürfen sie auf keinen Fall vergessen? Haben Sie einen ganz speziellen Tipp für ambitionierte Hobbyköche?
Mut zu würzen! Und niemals aufgeben. (lacht)
Welches Auto fahren Sie selbst, und was verbinden Sie mit der Marke Kunzmann? Hat Ihre persönliche Erfahrung mit Kunzmann Einfluss auf Ihre Sicht auf Qualität und Handwerk?
Ich fahre seit fast zehn Jahren eine C-Klasse T-Modell – ein treuer Wegbegleiter. Die Erfahrung mit Service und Betreuung bei Kunzmann bestätigt für mich, wie wichtig Qualität und Handwerk in allen Bereichen sind
Wer kocht bei Ihnen zu Hause? Steht auch Ihre Frau mal hinter den Töpfen, oder wird in Ihrer Familie ausschließlich auf Sterne-Niveau gekocht? Oder darf es auch mal der Lieferservice sein?
Zu 90 % kocht meine Frau – und das sehr gut. Ich koche gelegentlich, dann eher bodenständig. Wir nutzen nicht die Ausstattung oder Produkte einer Sterneküche, und es darf auch mal eine selbstgemachte Pizza sein. Gutes Essen ist für uns auch ein Kulturgut, und wir möchten unseren Kindern die Vielfalt der Gastronomie näherbringen.
Veränderungen in der Gastronomie
Gibt es Parallelen zwischen der Präzision eines Autos und einem perfekt zubereiteten Gericht?
Bei einem Auto müssen Motor, Getriebe, Fahrwerk und Elektronik perfekt zusammenarbeiten – für Leistung und Fahrerlebnis. Genauso müssen in der Sterneküche Zutaten, Garmethoden, Würzung und Anrichteweise präzise aufeinander abgestimmt sein, um ein perfektes Geschmackserlebnis zu schaffen.
Wie balancieren Sie Innovation und Tradition in der Küche?
Traditionelle Techniken und klassische Rezepte bilden das Fundament. Auf dieser Basis lässt sich Neues entwickeln. Für mich schließen sich Bewahrung der Klassik und kreative Weiterentwicklung keineswegs aus – sie ergänzen sich.
Gibt es ein kulinarisches Geheimnis, das Sie teilen würden?
Geduld und Ruhe sind entscheidend – in der Ruhe liegt die Kraft. Viele Produkte brauchen Zeit: Saucen, die mehrfach reduziert werden, Teige, die langsam gehen, und Fleisch, das sanft bei niedriger Temperatur gegart wird, um perfekte Ergebnisse zu erzielen.




